Zum 130. Jubiläum der Firmengründung präsentierte Union Glashütte diesen auf 300 Stück limitierten neuen Handaufzugschronographen.
Union Glashütte ist als Marke selbst unter Uhrenenthusiasten häufig wenig bekannt. Einerseits ist das Marketing eher zurückhaltend, andererseits ist aber die Marke aber auch nicht weltweit erhältlich. Ursprünglich beschränkt auf Zentraleuropa, insbesondere Deutschland, Österreich und die Schweiz, hat man aber den geografischen Horizont in den letzten Jahren sukzessive erweitert. Inzwischen sind Uhren von Union auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in China erhältlich. Dennoch ist der Bekanntheitsgrad der Marke relativ gering und keinesfalls vergleichbar mit dem der Konzernschwester Rado oder gar Longines. Diese drei Marken bilden im Konzernverbund der Swatch Group das sogenannte Obere Segment zwischen Tissot & Co. einerseits und Omega & Co. andererseits. Bei Union Glashütte bekommt der Käufer zu vernünftigen Preisen sehr hochwertig verarbeitete und exzellent regulierte Uhren, deren Qualität meinem Empfinden nach noch einen Tick besser ist als bei der ungleich bekannteren Schwester Longines.
Machen wir an dieser Stelle einen kurzen Ausflug in die Geschichte von Union Glashütte:
1845 kommt in Niederrad, einem heutigen Stadtteil von Frankfurt, Johannes Dürrstein zur Welt. Er ist somit ein Landsmann des Verfassers und das hat mir die Marke gleich noch einmal doppelt sympathisch gemacht. Im selben Jahr startet der Dresdner Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange mit finanzieller Unterstützung des sächsischen Hofes eine Uhrenmanufaktur in Glashütte und legt damit den Grundstein, um im Erzgebirge ein Uhrmacherhandwerk nach Schweizer Vorbild zu etablieren.
Johannes Dürrstein kommt während seiner Tätigkeit für die Furniturenhandlung Ludwig & Fries in Frankfurt in Kontakt mit dem Uhrmacherhandwerk und knüpft in diesen Jahren Kontakte mit Uhrenherstellern und -abnehmern in der Schweiz und in Deutschland. Im Jahr 1874 gründet Johannes Dürrstein die Uhren-Großhandlung Dürrstein & Comp. in Dresden. Im selben Jahr übernimmt er den Generalvertrieb für die Uhren der Firma A. Lange & Söhne aus Glashütte. 1882 wird Julius Bergter, der als Uhrmacher in der Uhrenfabrik Moritz Großmann und als Lehrer an der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte arbeitet, Mitarbeiter und bald enger technischer Berater bei Dürrstein & Comp. in Dresden. Viele seiner Entwicklungen werden für Dürrstein & Comp. patentiert.
Am 1. Januar 1893 gründet Johannes Dürrstein parallel zu seiner Dresdner Uhren-Großhandlung die Uhrenfabrik Union in Glashütte. Julius Bergter steht dem Unternehmen als Direktor vor. Bereits im selben Jahr präsentiert und verkauft Dürrstein auf der Weltausstellung in Chicago eine Grande Complication. Für die Marke Union wird eine Schutzmarke mit einem stilisierten Tempel eingeführt. Das Symbol bescheinigt die Originalität der Glashütter Union Uhren.
Das Unternehmen gerät während der Weltwirtschaftskrise ab 1929 in eine existenzbedrohende Lage, die letztlich zur Schließung führt. Im Jahr 1936 wird die Union Uhrenfabrik aus dem Handelsregister gelöscht und während der folgenden 60 Jahre ruht die Marke. Erst 1996 wird Union als Tochterunternehmen von Glashütte Original wieder neu gegründet und als Marke neu belebt. 1997 tritt Union Glashütte mit einer Armbanduhren-Kollektion im Markt auf, die im Auftrag bei Glashütte Original konstruiert und in voller Fertigungstiefe hergestellt wird. Es werden technisch etwas vereinfachte und optisch weniger fein dekorierte Werke des Mutterunternehmens in den Uhren von Union verbaut. Im Jahr 2000 wird Glashütte Original mitsamt der Tochtergesellschaft Union an die Swatch Group verkauft. Zunächst bleibt bei Union alles beim Alten, aber eine zunehmende Nachfrage nach GO-Uhren schöpft allmählich die Produktionskapazitäten voll aus und es fehlt an Ressourcen für die Produktion der Uhren von Union. 2008 schließlich entscheidet die Swatch Group auf Initiative des heutigen CEO Nick Hayek, beide Unternehmen organisatorisch zu trennen und unabhängig voneinander fortzuführen. Die Marke Union wird daraufhin neu ausgerichtet und präsentiert sich fortan mit einer eigenen Produktion und Kollektion. Die Verwendung der Manufakturwerke von GO endet damit und Union nutzt ab diesem Zeitpunkt Werke der Konzernschwester ETA. Auch ein neues Logo wird eingeführt. 2012 bezieht Union neue Räumlichkeiten im Frühlingsweg in Glashütte.
Während die Schwestermarken im Swatch-Group-Konzern ihre Werke komplett montiert von der ETA beziehen, darf oder vielmehr muß Union etwas eigenständiger arbeiten und bezieht die Werke aus der Schweiz in Einzelteilen. Damit die Uhren der „Glashütte-Regel“ genügen und den Namen Glashütte tragen dürfen, ist es nämlich Bedingung, daß mehr als 50 % der Wertschöpfung in Glashütte erbracht werden. Um dem trotz der Verwendung von Schweizer Uhrwerken zu genügen, fertigt Union Teile der Werke vor Ort in Glashütte. Außerdem erfolgen dort die Dekoration der Werkteile sowie die Endmontage von Werk und Uhr. Dazu werden alle Uhren aufwendig einreguliert. Union fertigt also ein wenig nach Art einer Manufaktur, ohne aber wirklich eine zu sein.
Im eigenen Haus werden zum Beispiel die Rotoren für Automatikwerke, die charakteristischen Dreiviertelplatinen der Handaufzugswerke, Unruhkloben und die Chronographenbrücken der Handaufzugschronographenwerke gefertigt.
Bei den Werken der Reihe „Johannes Dürrstein“ ging Union seit 2018 sogar nochmals einen Schritt weiter (bzw. wieder zurück) in Richtung Manufaktur. Diese Werke wurden von Union gemeinsam mit der ETA entwickelt und kommen exklusiv in Uhren aus Glashütte zum Einsatz. Der Wertschöpfungsanteil steigt damit noch einmal an und beträgt bis zu 70 %.
Für das neue limitierte Jubiläumsmodell zum 130. Firmengeburtstag orientierte sich Union Glashütte an einem Taschenuhrchronographen aus den späten 1910er bzw. frühen 1920er Jahren mit einem für die damalige Zeit aber sehr modern wirkenden Design. Bei diesem Stück scheint es sich um ein Unikat bzw. eine Sonderanfertigung für einen Kunden gehandelt zu haben, der Wert auf eine gute Ablesbarkeit der Uhr gelegt zu haben scheint. Rund 18 Monate Entwicklungszeit sind in das Modell geflossen.
Im Schöpfungsprozess des neuen Modells ging es nun darum, das Design des ursprünglichen Taschenuhrchronographen behutsam in die Moderne zu übersetzen und dabei der neuen Uhr natürlich technisch auch das heute Mögliche mitzugeben. So verfügt der neue Dürrstein-Chronograph zum Beispiel auch über eine Siliziumspirale, die das Uhrwerk gegenüber magnetischen Einflüssen unempfindlich macht.
Für das Zifferblattdesign wurden 4 verschiedene Schriftarten, die bei der Vorlage verwendet wurden, die es aber so heute gar nicht mehr gab, vollständig rekonstruiert und so das Zifferblatt des ursprünglichen Taschenuhrchronographen mit Liebe zum Detail originalgetreu auf das neue Modell übertragen. Auch die Zeiger wurden aufwendig nachkonstruiert.
Beim Gehäuse der neuen Uhr orientierte man sich an den Gehäusedesigns, die schon bei den Schwestermodellen aus der Dürrstein-Kollektion verwendet werden.
Wie auch bei den Schwestermodellen aus der Dürrstein-Reihe ziert das ursprüngliche Tempellogo auch das Werk der Jubiläumsedition. Als Basis für das neue Uhrwerk dient das ETA A05.231.
Durch die beim Handaufzugswerk fehlende Automatikbaugruppe ergeben sich tiefe Einblicke in das Uhrwerk, das über 65 Stunden Gangreserve verfügt.
Herzliche Grüße, René alias OnlySwatchGroupWatches
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